Die seltsamen Jagdmethoden des Hauptlehrer H.









 



 


„Die seltsamen Jagdmethoden des Hauptlehrer H.!“

Karl H., seines Zeichens Hauptlehrer an einer kleinen Dorfschule in der Nähe von Beilngries, war von früher Jugend an,  bis ins hohe Alter,  ein ausgesprochen leidenschaftlicher Jäger. Nach seiner Pensionierung  fand allerdings noch eine merkliche Steigerung seiner Jagdleidenschaft statt, welche mit der nunmehr reichlichen Freizeit begründet werden kann. Dieses Phänomen war zudem gepaart mit einem krankhaften Geiz und dem Zwang, alles was nur irgendwie eine finanzielle Einnahme versprach, auch zu verkaufen.   Bei seinen Geschäften bzw. Geschäftsabschlüssen  (was vom Wildbret bis zu gegerbten oder rohen Marder- und Fuchsbälgen, Bisamratten, Katzenfellen, Obst, Salat, Kartoffeln usw. reichte)  benütze er grundsätzlich die Floskel „für meine Bemühungen erlaube ich mir.“

Mit zunehmendem Alter führte diese charakterliche Eigenschaft „unseres Hauptlehrers“ leider auch dazu, dass er es  mit den gegebenen jagd- und waffenrechtlichen sowie naturschutz- und strafrechtlichen Vorschriften nicht ganz so genau nahm. Auch die Richtlinien der Waidgerechtigkeit legte er je nach Bedarf aus. Für ihn zählte nur die Jagdbeute, vor allen Dingen die, welche sich auch gut an den Mann bringen ließ. Hier war er ein Meister seines Faches und zum Teil gnadenlos in der Anpreisung seiner Waren.

So kam es im Laufe der Jahre leider immer wieder zu Vorfällen, welche bei der Bevölkerung und in der Jägerschaft zu Gesprächsstoff, Kopfschütteln sowie Unverständnis führten. Es blieb dabei selbstverständlich nicht aus, dass sich auch Polizei und Staatsanwaltschaft sowie die Untere Jagdbehörde mit seiner Person und seinen "jagdlichen Glanzleistungen" beschäftigte. Im Folgenden werden seine letzten „jagdlichen Heldentaten“ zu Papier gebracht, welche letztendlich dann auch zum Entzug seines Jagdscheines usw. führten.

Im Februar des Jahres 1979 kam Hauptlehrer H. zu Ohren, dass rund um den sogenannten „Deutsch-Hof-Stadel“, der am süd-westlichen Ortsrand von Beilngries auf einem stattlichen und vollständig umzäunten Grundstück stand, eine regelrechte Marder- und Fuchsplage herrschen soll. Ohne die zuständigen Jagdpächter und den Grundstückseigentümer über diese Gegebenheit zu informieren  kam  Hauptlehrer H. auf die glorreiche Idee, die Sache doch gleich selbst in die Hand zu nehmen.  Er fackelte nicht lange und in einer Nacht- und Nebelaktion stellte er  auf vorgenanntem Grundstück, aber auch innerhalb der dort stehenden landwirtschaftlichen Gebäude eine Vielzahl von erlaubten und verbotenen Fangeisen auf. Wie bereits angedeutet, war Karl H. in der Wahl seiner Mittel nicht gerade zimperlich.

Es dauerte lediglich einen Tag und unser Hauptlehrer hatte  einen mehr als bedenklich „jagdlichen Erfolg“ erzielt.  In einem seiner aufgestellten Fangeisen - und zwar in einem verbotenen Schwanenhals -  hatte sich weder Fuchs noch Marder, sondern leider ein Arbeiter des Grundstücksbesitzers gefangen, der auf dem Grundstück Arbeiten durchführen hätte sollen. Wie man sich vorstellen kann, verletzte sich der Mann beim Tritt in die Falle erheblich an seinem rechten Unterschenkel. Der Geschädigte konnte erst nach längeren und  lauten sowie überaus  schmerzhaft klingenden Hilferufen von zufällig vorbeikommenden Spaziergängern und den unverzüglich verständigten Rettungskräften aus der Falle befreit werden. Wobei hier angemerkt wird, dass  die Bergung des Verletzten aus dem Schwanenhals den Rettungskräften einige Mühen bereitete. Das Opfer der illegalen Fallenstellerei musste zunächst zur Erstversorgung in die Praxis eines ortsansässigen Arztes verbracht und anschließend zur Weiterbehandlung in das Krankenhaus nach Eichstätt eingeliefert  werden. Über die erlittenen Verletzungen, der Behandlungsdauer und etwaigen Spätfolgen aus den erlittenen Verletzungen ist nichts bekannt.

Wie unschwer zu erahnen ist, nahm die Polizeiinspektion Beilngries nach einem derartigen Vorfall die notwendigen polizeilichen Ermittlungen auf, was u.a. auch zur sofortigen Sicherstellung sämtlicher Fallen und zu einer Strafanzeige gegen den „Menschenfänger“ führte. Die rechtmäßige polizeiliche  Sicherstellung der Fangeisen bezeichnete Hauptlehrer H. als „Diebstahl seiner Fallen“ und behielt sich allen Ernstes eine Beschwerde dagegen vor; was wiederum beim Sachbearbeiter der Polizei, aber  auch  beim verantwortlichen Mitarbeiter der Unteren Jagdbehörde ein Erstaunen hervorrief.

Die Sicherstellung seiner Fallen und die zum Teil erheblichen Vorwürfe einiger Jäger, die ja auch gerechtfertigt waren, bewogen Karl H. dann einige Tage später, sich beim zuständigen Jagdpächter und auch beim damaligen Vorsitzenden des Jägervereines Beilngries telefonisch zu melden.  Beim Telefonat mit dem Vereinsvorsitzenden beteuerte er zunächst langatmig seine Unschuld und bat darum, dass dieser doch einige gute Worte für ihn einlegen könnte, damit er seinen Jagdschein nicht verliere und noch einige Jahre auf die Jagd gehen könne, zumal ja die Verletzungen beim Geschädigten nicht besonders erheblich wären.  Sollte nun ein Leser dieser Kurzgeschichte der Meinung sein, Hauptlehrer H. hätte einen Anflug von Reue und Schuldbewusstsein gezeigt, der unterliegt einem gewaltigen Irrtum.  

Beim Telefonat mit dem Vorsitzenden des Jägervereines verplapperte sich Hauptlehrer H. zudem und gestand der Not gehorchend, dass er bereits wegen „Vogelfangs in seinem Garten“ mit der Polizei Ärger habe, da er vor ein paar Wochen in seinem Garten mit dort von ihm aufgestellten Vogelfallen ein paar Gimpel gefangen habe. Weiterhin erklärte er, dass er sich ja schon seit Jahren intensiv mit der einschlägigen Literatur über Fallenjagd und Vogelfang beschäftige und deshalb auch der Meinung sei, dass er sich aus seiner Sicht gesehen richtig verhalten habe.

Wie man sich vorstellen kann, bekam er vom ehemaligen Vorsitzenden des Jägervereines Hubertus Beilngries, Herrn Alfred Maurer, wegen seiner Bitte um Hilfe in dieser Sache und seinem jagdlichen Fehlverhalten eine gehörige und erschöpfende Abfuhr, was allerdings bei Hauptlehrer H. dem Anschein nach nicht besonders lange im Gedächtnis blieb oder gar zu einem Umdenken seiner jagdlichen Aktionen geführt hätte. Es gibt halt immer wieder Menschen - leider auch unter uns Jägern - die ausgesprochen beratungsresisdent sind und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Karl H. kurz nach dem oben geschilderten Vorfall wiederum negativ auffiel. 

Man glaubt es ja nicht! Unbelehrbar wie Karl H. halt einmal war, wurde er einige Wochen später – zur Fassungslosigkeit Aller - bei einer wiederholten Jagdwilderei angetroffen. Dieses mal stand Hauptlehrer H. am helllichten Nachmittag auf der Sulzbrücke, nahe dem damaligen Krankenhaus und heutigem Seniorenheim. Auf seinem Rücken trug er seinen alten, fettigen und nach Bisam-, Fuchs- und  Marderkern stinkenden Rucksack. In beiden Händen eine Angel, mit der er augenscheinlich von der Brücke aus versuchte, Fische zu fangen. Einem zufällig vorbeikommenden  Polizeibeamten kam die Situation allerdings etwas merkwürdig vor, zumal aus dem Rucksack des „Fischers“ der Teil einer toten Stockente ragte.  Wie sich bei der Überprüfung seines Rucksackes ergab, hatte Hauptlehrer H. mit seiner Handangel bereits einige Stockenten gefangen, welche seinen eigenen Angaben nach zum Verkauf bestimmt waren. Über die straf- und jagdrechtlichen Entgleisungen des Hauptlehrers in dieser Sache brauchen wir hier nicht näher einzugehen. Jedenfalls führte die darauf folgende Strafanzeige zum Entzug des Jagdscheines mit all seinen Folgen.

 



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