Jagdpächter "Korl" aus Irfersdorf
 



Der Umstand, dass der Korl Pächter der an die Irfersdorfer Flur angrenzenden Oberemmendorfer Jagd war, warf zwar gelegentlich Schatten auf das freundschaftliche Verhältnis, im Großen und Ganzen tat ihm das aber bei der Verträglichkeit des Schweiger keinen Abbruch. Ansonsten glichen sie sich im Äußeren wie ein Ei dem anderen. Der gleiche anspruchslose Aufzug, die derben Knobelbecher, die überlangen und altertümlichen Schrotflinten. Der gemeinsame Marsch wurde ihnen nicht langweilig, den der Korl wusste allerlei zu berichten. Er sei gestern in Beilngries, "in der Stadt drunten" gewesen, weil der Seinen der Malz- und Zichorie Kaffee, ihm selbst aber der Krüllschnitt ausgegangen sei. Beim Forster-Kramer in der Vorstadt und beim Koloman-Weber in der Postgasse, wo man übrigens auch den besten Backsteinkäs angeboten bekäme, habe er eingekauft. "Da hättest mir aber auch was sagen können, ich brauch nämlich auch wieder einen Knaster", warf der Schweiger etwas verstimmt ein "Ich helf´ dir mit einem Packel aus", beschwichtigte ihn der Korl, "und du lässt dir von der Botin einen mitbringen; die macht übermorgen sowieso ihren Gang hinunter und die Sach´ hat sich." Im Gedanken an den unnötigerweise fälligen Botenlohn quittierte der sparsame Schweiger diesen Vorschlag nur mit einem einsilbigen Brummer. Unbeeindruckt erzählte der Korl weiter, er habe zuerst im Münchner Hof einkehren wollen, sei aber dann lieber auf ein Seidel zum Batz gegangen, wo man immer Jäger antreffe und - wie er sich wörtlich ausdrückte - "wo man allerhand innawird, wo's unseroans interessiert". So habe er erfahren, dass der Händler die Hasen im Balg für 70 bis 80 Pfennige das Pfund aufkaufe, was im Vergleich zum Bierpreis von 44 Pfennigen für die Maß nicht gerade überwältigende sei. Unter dem gleichen Gesichtspunkt kritisierte er auch den Händlerpreis  von einer Mark für das Pfund Rehwildbret in der Decke. "Was hört man denn über die Preise für Fuchsbälge?", wollte der Schweiger wissen. "Getrocknet und weißledrig kannst schon 28 Mark kriegen, aber die Preise von verdn (vom Vorjahr) sind heuer vorbei. Meine drei letzten hab ich damals um 106 Mark an den Batz verkauft".
 

Dann wusste der Korl zu berichten, dass die Beilngrieser Jäger nach längerem Hin und Her mit dem Stadtrat einig geworden seien über den Pachtpreis für die Stadtjagd. Das Jagdkonsortium habe das 3500 Tagwerk große Revier gegen Ende der Inflation auf sechs Jahre gepachtet gehabt und zwar um den jeweiligen Gegenwert für 130 Zentner Weizen pro Jahr, weil bei der rasend fortschreitenden Geldentwertung nur mehr Gebote in Naturalienwerten angenommen worden waren. Für das Jahr 1924 hätten die Beilngrieser Jäger bei einem Preis von 9 Goldmark für den Zentner Weizen tatsächlich 1.170 Mark bezahlt. "Das kann man doch nicht anders bezeichnen als wie mit "narrisch", wie es eben die Verzerrung der Preis- und Wertbegriffe von damals mit sich gebracht hat", kommentierte der Erzähler. "Dabei musst du wissen, dass das Revier vor 1914 um 240 Mark verpachtete gewesen war. Der Stadtrat hat dann in Anpassung an die neuen Verhältnisse den Pacht für 1925 und 1926 auf je 400 Reichsmark und für die letzten Pachtjahre 1927 mit 1929 auf jährlich 600 Reichsmark festgesetzt. Aber damit haben sich die Pächter nur vorläufig zufriedengegeben. Ein neuerliches Gesuch um Ermäßigung haben sie neben der außergewöhnlichen Zahlung der 1.170 Goldmark für 1924 auch mit der Wertminderung der Jagd durch die katastrophalen Wildverluste im strengen Winter 1923/24 mit dem Erfolg begründet, dass der Pacht für jedes der drei letzten Pachtjahre von 600 Reichsmark auf 500 Reichsmark ermäßigt worden ist. "ja, ja net nachgeb´n zwingt all´s", schloss der Korl.
 

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  Obertreiber Wolf aus Neuzell